Altenstadt Und wieder hat es nachts geknallt: Zwei Wochen und eine Stunde, nachdem unbekannte Räuber in Vöhringen zwei Geldautomaten gesprengt hatten, wurden nun zwei in Altenstadt in die Luft gejagt. In beiden Fällen ist die Raiffeisenbank Schwaben-Mitte betroffen. Die will nun dafür sorgen, dass so etwas möglichst nicht mehr passiert.
Um 3.50 Uhr gingen nach Angaben eines Polizeisprechers die ersten Anrufe ein. Anwohner meldeten zwei laute Knallgeräusche in der Altenstadter Hindenburgstraße 13. Die Feuerwehr rückte wenige Minuten später wegen „Rauchentwicklung“ im Bankgebäude aus.
Dort bot sich ein Bild der Zerstörung: Die gläserne Eingangstür war komplett zerborsten, zwei Geldautomaten in dem Wohn- und Geschäftsgebäude waren gesprengt. Glassplitter flogen rund 20 Meter weit bis auf die Fahrbahn. Teile der Deckenverkleidung im Vorraum brachen herunter. Wegen der enormen Schäden wurde auch das Technische Hilfswerk angefordert, um eine etwaige Einsturzgefahr des Gebäudes zu überprüfen.
Die Täter flüchteten mit einem dunklen Wagen, der auf dem Kundenparkplatz seitlich des Bankgebäudes wartete. Bislang sind den Ermittlern weder Kennzeichen noch Farbe des Wagens bekannt. Genauere Untersuchungen des Sprengstoffes sollen in den kommenden Tagen im Kriminaltechnischen Institut (KTI) des LKA in München erfolgen.
Wie Raiba-Vorstandsmitglied Matthias Kohl gegenüber unserer Redaktion sagte, versuchten die Täter versuchten beide automaten aufzusprengen was allerdings nur bei einem gelang, der andere wurde lediglich beschädigt. Das gestohlene Geld ist für die Räuber allerdings unbrauchbar, denn in den Geräten liegen Patronen mit grüner Farbe. Bei Erschütterungen, wie etwa einer Sprengung, „färben sie alles ein“, so Kohl, „und die Farbe ist nicht abwaschbar, auch von den Händen geht sie nur durch viel Rubbeln ab.“ Die Spezialtinte durchdringt das Geldscheinpapier vollkommen. Ob es möglicherweise die gleichen Täter waren, die vor zwei Wochen in Vöhringen zugeschlagen hatten, könne man bisher nicht sagen. Dass seine Bank erneut getroffen war, hat seiner Ansicht nach mit der Nähe der Filiale zur Autobahn zu tun: Die Täter können besonders schnell verschwinden.
Nun stellt sich die Frage, wie die Bank künftig ihre Automaten schützen will. Darüber werde in den nächsten Tagen geredet, sagt Kohl: „Offenbar waren die Farbkartuschen nicht abschreckend genug.“ Die Bank hatte in ihren Filialen eigens darauf hingewiesen, um möglich Täter abzuhalten. Werden die Automaten künftig nachts geleert?
Oder bleiben die Filialen künftig nach den Geschäftsstunden so verschlossen, dass auch die Geldausgabegeräte nicht mehr zu erreichen sind? Das könnte zwar helfen, doch die Bank befürchtet, die Räuber könnten sich von verschlossenen Türen nicht abhalten lassen. Konkrete Sicherungspläne gibt es nach den Worten von Kohl bis jetzt nicht. Die wären ohnehin recht aufwendig, denn die Bank verfügt über zwölf Geschäftsstellen, an 24 Selbstbedienungsstellen können Kundinnen und Kunden Geld holen. Die Beschäftigten gehen mit dem Überfall „relativ gefasst“ um. Wenn es gewünscht sei, werde aber auch psychologische Betreuung angeboten: „Das wichtigste ist, dass niemandem etwas passiert ist. Ich hoffe, dass das jetzt der letzt Fall war“, sagte Kohl.
Wesentlich höher als der Schaden an den Automaten sind allerdings – ebenfalls wie vor zwei Wochen – die Verwüstungen im Gebäude. In Vöhringen werde erst in den nächsten Tagen damit begonnen, den Fußboden herauszureißen und dann müsse das gesamte Innenleben des Gebäudes komplett erneuert werden. So wird es nun auch in Altenstadt sein. „Da ist alles total beschädigt“, erklärt Matthias Kohl, und es sei auch nicht sicher, inwieweit die statische Sicherheit des Bauwerks überhaupt noch gegeben ist.
Schon in der Nacht waren auf Anforderung der Feuerwehr Fachberater des Technischen Hilfswerks (THW) an der Einsatzstelle, die nur feststellen konnten, dass keine akute Einsturzgefahr besteht, sodass das Gebäude von der Polizei betreten werden konnte. Alles Weitere muss sich erst noch in den kommenden Tagen herausstellen, wenn Fach-Statiker genauere Untersuchungen anstellen können. Erst danach lässt sich der tatsächliche Schaden schätzen.
Das zweiteilige Gebäude ist im Erdgeschoss und im ersten Stock komplett von der Raiffeisenbank mit Büroräumen und der Schalterhalle belegt.
Darüber wohnen in beiden Gebäudeteilen jeweils im Dachgeschoss insgesamt fünf Personen, davon ein Paar mit Kind und ein weiteres Paar. Sie hatten offensichtlich von der Sprengung nichts mitbekommen, da sie erst von der Feuerwehr aus ihren Wohnungen geholt wurden. Der Schall der beiden Sprengungen war wohl großenteils durch die offene Eingangstür nach außen gedrungen, während die Wohnungen im Dachgeschoss durch zwei massive Decken abgeschirmt waren.
Die Bewohner wurden nach Absprache mit Bürgermeister Wolfgang Höß vorläufig in einem benachbarten Hotel untergebracht. Sobald die Statiker festgestellt haben, ob die Wohnungen sicher sind, wird die Gemeinde über die weitere Unterbringung entscheiden. Ein Schalterbetrieb ist in der Bankfiliale derzeit nicht möglich. Der Bankvorstand suchte schon am Morgen nach Möglichkeiten für die Kunden. Im ersten Stockwerk des Gebäudes sind rund 30 Mitarbeiter tätig, für die ebenfalls Arbeitsplätze gefunden werden müssen.
Die Ermittler des Landeskriminalamtes bitten die Bevölkerung um Mithilfe und haben folgende Fragen:
Wem sind in den Nachtstunden im Bereich Altenstadt verdächtige Personen oder Fahrzeuge aufgefallen?
Wer hat im Vorfeld in der Umgebung verdächtige Wahrnehmungen gemacht, die im Zusammenhang mit der Sprengung der Geldautomaten stehen könnten?
Wer kann sonst sachdienliche Hinweise zur Tat, den Tätern oder dem Fluchtfahrzeug geben?
Bisher ist nicht bekannt, ob jemand aus der Nachbarschaft etwas gesehen hat. Hinweise nimmt das LKA unter der Telefonnummer 089/1212-0 oder jede andere Polizeidienststelle entgegen.
In Bayern ist der Fall in Altenstadt nach Angaben des LKA die 17. Sprengattacke auf Geldautomaten. Der Vorfall in Vöhringen vor zwei Wochen war Fall Nummer 15 im Freistaat. Einen Tag später knallte es in Strullendorf bei Bamberg. Der Vöhringer Fall ereignete in der Nacht zum Donnerstag, 11. Juli. Auch hier wurde quasi keine brauchbare Beute gemacht, das Geld wurde eingefärbt.
Beim Fluchtauto handelte es sich laut LKA um einen dunklen Mercedes. Ein Zeuge ging von einem AMG aus. Das Kennzeichen begann nach Ermittlerangaben mit den Buchstaben „MY“ für den Landkreis Mayen-Koblenz (Rheinland-Pfalz). Ob es Zusammenhänge zwischen den jeweiligen Fällen gibt, konnte das LKA zunächst nicht sagen. „Dafür ist es noch viel zu früh“, sagt ein LKA-Sprecher.