Im Gespräch mit Vorstandsvorsitzenden Helmut Graf über die COVID 19 Krise und welche Voraussetzungen die Raiffeisenbank Schwaben Mitte eG geschaffen hat.

Positiver Rückblick der Raiffeisenbank Schwaben Mitte eG

Positiver Rückblick der Raiffeisenbank Schwaben Mitte eG

In einer Pressemitteilung der Raiffeisenbank Schwaben Mitte eG informieren die Vorstandsmitglieder Helmut Graf (Vorsitzender), Franz-Josef Mayer und Uwe Köhler über ein sehr gutes Ergebnis im abgelaufenen Geschäftsjahr 2019. Die Kreditausleihungen betrugen zum Jahresende 1,032 Mrd. €, das entspricht einem Plus von 9,4 % zum Vorjahr und das insgesamt verwaltete Kundenanlagevermögen beläuft sich per 31.12.2019 auf rund 2 Mrd. €, das einem Anstieg von 8 % entspricht. Die Bilanzsumme zum 31.12.2019 ist um 3,9% auf 1,433 Mrd. € angestiegen. Die Zuwächse haben wir unseren Kunden, Mitgliedern und auch unseren Mitarbeitern/innen zu verdanken, so Helmut Graf Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenbank Schwaben Mitte eG. Das Ziel unserer Bank ist nicht die Gewinnmaximierung, sondern Erträge mit einer langfristigen nachhaltigen Kundenbindung zu erzielen und diese mit einer soliden Kosten- und Risikopolitik in der Bank zu kompensieren. Die Bank berichtet über viele Herausforderungen aufgrund der aktuellen COVID 19 Situation und wie sie das alles zum Wohle der Kunden und Mitglieder meistern will. Auch der Start in das Jahr 2020 ist gut verlaufen. Die Corona-Pandemie stellt inzwischen jedoch eine grundlegende Herausforderung für unser gesellschaftliches Zusammenleben und unser Wirtschafts- und Finanzsystem dar. Aufgrund der in den letzten Jahren gestärkten Substanz sind wir Gott sei Dank gut gerüstet um auch in dieser schwierigen Phase ein stabiler und verlässlicher Partner für unsere Kunden und Mitglieder zu sein. Dies gilt auch für die Sicherstellung unseres Liquiditätsverbunds, der gerade in dieser Situation von außerordentlicher Bedeutung ist.

Weiter im Gespräch mit Vorstandsvorsitzenden Helmut Graf:

Die COVID 19 Krise beschäftigt die ganze Welt. Wie ist die Lage bei Ihrer Bank und welche Voraussetzungen hat die Raiffeisenbank Schwaben Mitte eG für die derzeitige Krise geschaffen ?

Graf:
Krisen sind Bewährungsproben. Für uns alle, für Unternehmen und natürlich auch für die Banken vor Ort. Wir haben uns, so gut es eben ging, ab Anfang März intern auf die aktuelle Situation vorbereitet. Oberstes Ziel war es, die Arbeitsfähigkeit für unsere Mitglieder zu erhalten. Dank des hohen Einsatzes aller ist uns das auch sehr ordentlich gelungen. Es ist dann doch immer wieder erstaunlich, was alles geht und was auf einmal möglich wird. Auch Dinge, die ansonsten als völlig ausgeschlossen gelten.
Wir gehören zu den Branchen, die von Schließungen ausgenommen sind. Unser Mitarbeiter/innen sind nicht nur Seelsorger für Tausende von Kunden, sondern sorgen auch dafür, dass die Versorgung mit Krediten und Finanzdienstleistungen nicht zusammenbricht. Und sie sind intensiv gefordert als Lotsen für ihre Kunden, wenn es darum geht, sich im Dschungel der staatlichen Förderleistungen zurechtzufinden. Bei allen Fokussierungen auf Belastungen und Leid in Krankenhäusern sollten die Leistungen außerhalb des Gesundheitsbereichs nicht vergessen werden. Denn ohne sie würde in Deutschland längst Chaos herrschen. Da ich selbst noch im operativen Kundengeschäft tätig bin, erlebe ich die Nöte von Betrieben zum Teil hautnah mit. Hier wird heute schon spürbar, was unserer Wirtschaft noch bevor steht, wenn der aktuelle Zustand länger anhält.

Wie hat die Raiffeisenbank Schwaben Mitte eG reagiert ?

Graf:
Wir haben unsere Bank seit geraumer Zeit auf den sogenannten "Notbetrieb" umgestellt, was aber nicht heißt, dass keine Berater mehr vor Ort sind. Im Gegenteil, der Vorstand, die Führungskräfte und ein Kernteam aus Mitarbeitern sind in 8 von 16 Geschäftsstellen der Raiffeisenbank Schwaben Mitte eG (Altenstadt, Babenhausen, Bellenberg, Erkheim, Krumbach, Neuburg, Vöhringen, Ziemetshausen) zu den regulären Öffnungszeiten weiterhin präsent. Der Kundenservice findet sowohl stationär als auch telefonisch statt. Beratungstermine erfolgen derzeit fast ausschließlich online oder via Telefon - entweder vom Büro aus oder von den neu geschaffenen Home-Office-Plätzen. Viele Kunden rufen in der derzeitigen Situation wegen einem Kredit, einer Tilgungsaussetzung oder auch w. einer Geldanlage in Aktien, Fonds oder Gold an. Unsere 224 Mitarbeiter halten auch in der Corona-Krise die Stellung und sorgen dafür, dass die Versorgung mit Krediten und Finanzdienstleistungen nicht zusammenbricht und die ständige Bargeldversorgung sowie der Zahlungsverkehr gewährleistet ist.

Eine noch nie dagewesene Situation, die von Kunden und Mitarbeitern vieles abverlangt. Auf der einen Seite müssen wir die "leider nach wie vor vorhandene Bürokratie" einhalten und uns ganz neuen Gegebenheiten annehmen und anpassen. Aufgrund der Vielzahl von Anrufen kann es ab und an zu Überlastungen von Datenleitungen kommen, die dann zu Leitungsproblemen am Telefon oder beim Onlinebanking führen. Wir sind jedoch ständig im Kontakt mit unserer Rechenzentrale und versuchen auf die auftretenden Probleme sofort zu reagieren. So haben wir beispielsweise die Lizenzen für unser KundenserviceCenter um weitere 2 Mitarbeiterplätze aufgestockt, um den Kundenbedürfnissen nachzukommen.

Wir als Genossenschaft sind in über 35 Branchen tief in der bayerisch-schwäbischen Wirtschaft verwurzelt. Da fühlt man den Pulsschlag der Ökonomie sehr genau. So wurde uns schon ganz frühzeitig signalisiert, was auf Handwerk und Lebensmittelbranche zurollt. Ein Beispiel: Bei manchen Bäckern ist der Umsatz um 50 Prozent eingebrochen. Es baut sich eine Kaskade von Zahlungsaufschüben und -ausfällen auf, der sehr schnell eine Kaskade von Lieferausfällen mit wichtigen Vorprodukten für die Backwaren folgen kann. Kleine Unternehmen die kein Eigenkapital gebildet haben, trifft es besonders hart, da der Einbruch von jetzt auf gleich gekommen ist. Daher sind die Mittel bzw. die Sofort-Maßnahmen der Regierung mehr als wichtig und richtig, vor allem dass diese schnell und unbürokratisch erfolgen.

Sofort-Maßnahmen zur Beschleunigung der Kreditvergabe

Graf:
Wir werden als Raiffeisenbank Schwaben Mitte eG mehr Spielraum für nun dringend benötigte Kredite vor allem an kleine und mittlere Unternehmen schaffen. Die eigene Kreditvergabe wird hochgefahren, um die Wirtschaft vor Ort zu stützen. Die Zahl der Kreditanfragen an die Volksbanken und Raiffeisenbanken und das trifft auch auf unser Haus zu, ist deutlich gestiegen. Wir bieten unseren Gewerbekunden Tilgungsaussetzungen ihrer bisherigen Darlehen bis zum Jahresende an. Jetzt sind in erster Linie zwei Dinge nötig: Die Politik muss ihren Ankündigungen auch Taten folgen lassen. Das bedeutet, dass KfW und LfA Förderbank Bayern nun die Mittel zur Verfügung stellen. Es bleiben aber noch Stolpersteine, die aus dem Weg geräumt werden müssen: Die Förderbanken übernehmen je nach Programm 80 oder 90 Prozent der Kreditrisiken. Das wird nicht in allen Fällen reichen.

Deshalb halte ich es auch weiterhin für angemessen, dass unser Genossenschaftsverband Bayern eine Diskussion darüber führt, inwieweit der Staat über seine Förderbanken hier zu 100 Prozent ins Obligo geht. Schließlich waren es die staatlichen Stellen, die auch den Stillstand weiter Teile der Wirtschaft veranlasst haben. Dass eine hundertprozentige Haftungsübernahme möglich ist, wenn der politische Wille dazu vorhanden ist, zeigt zum Beispiel die Schweiz. Dort wurde die Haftungsübernahme auf bis zu 100 Prozent angehoben. Es geht also auch um Gleichbehandlung und darum, nach einem Überwinden der Krise wieder mit gleichen Startbedingungen loslegen zu können, ohne Wettbewerbsnachteile.

Bedeutet das, dass die Raiffeisenbank Schwaben Mitte eG bei der Kreditvergabe zögert?

Graf:
Nein, wir als Raiffeisenbank Schwaben Mitte eG zögern überhaupt nicht. Das ist ein wesentlicher Teil der Krisenlösung. Wir haben die eigene Kreditvergabe hochgefahren, um die Wirtschaft zu stützen. Das heißt: Die staatlichen Programme sind wertvoll. Noch wichtiger aber bleibt die Fähigkeit unserer Bankengruppe zur Kreditvergabe aus eigener Kraft und die schnelle Auszahlung an die Unternehmen. Das betone ich auch deshalb, weil es mir im medialen und politischen Hype um die Förderbanken aktuell deutlich zu kurz kommt. Schön wäre, wenn man auch politisch zur Kenntnis nehmen würde, welche Risiken wir als Regionalbank vor Ort jetzt schultern.

Gibt es auch was positives das man Ihrer Meinung nach aus der Krise gelernt hat ?

Graf:
Ja durchaus. Die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung und auch der Umgang untereinander ist deutlich "geschmeidiger" geworden. Die Leute üben i.d.R. mehr Geduld und Rücksicht aus und sind verständnisvoller geworden. Ich habe das Gefühl, dass man besonnener agiert, mehr füreinander einsteht und zusammen hält. Es findet ein Entschleunigungsprozess statt und man besinnt sich wieder mehr auf das Wesentliche.  In herausfordernden Zeiten wie diese ist Solidarität besonders gefragt - sowohl bei jedem Einzelnen als auch bei uns als Kreditinstitut. Die Digitalisierung sei es in den Schulen aber auch bei uns in der Bank erlebt durch diese Krise einen Aufschwung. Neue Konzepte wurden angedacht und teilweise schon umgesetzt, an die man sich früher nicht ran gewagt hätte. Beispielsweise hat der Gesetzgeber jetzt die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die bei den Genossenschaftsbanken lt. Satzung einmal jährlich stattfindende Vertreterversammlung digital abgehalten werden kann – auch wenn das die jeweilige Satzung so nicht vorsieht. Wie wir das in unserem Hause umsetzen, müssen wir noch final besprechen. Aber außergewöhnliche Zeiten erfordern eben auch außergewöhnliche und pragmatische Lösungen.

Wie ist Ihre Meinung zur Einführung von Corona-Bonds auf europäischer Ebene ?

Graf:
Dazu habe ich eine klare Meinung. Wenn jetzt auf europäischer Ebene Corona-Bonds kommen, dann ist das der Eintritt in die dauerhafte Sozialisierung der Staatsschulden. Die Gemeinschaftshaftung wäre Realität – dauerhaft, nicht nur für die Zeit der Pandemie. Ich bin eindeutig dafür, die Instrumentarien zu nutzen, die bereits zur Verfügung stehen, wie zum Beispiel den Euro-Rettungsschirm ESM. Es muss außerdem endlich mal damit Schluss sein, jeden Anlass politisch herzunehmen, um die europäische Vergemeinschaftung nationaler Schulden zu fordern. Es wird allmählich unglaubwürdig, wenn immer dieselben Akteure mit den alten Forderungen auftauchen. Bislang hießen sie Euro-Bonds, jetzt heißen sie Corona-Bonds und beim nächsten Mal Irgendwas-Bonds. Das Konzept wird auch durch ständiges Wiederholen und Umbenennung nicht besser.

Was halten Sie von der derzeitigen Debatte der Exitstrategie, um aus dem Corona-Stillstand wieder herauszukommen ?

Graf:
Fabriken und die allermeisten Geschäfte haben geschlossen, Gaststätten, Hotels und Handwerksbetriebe wissen nicht, wie es weitergeht, Lieferketten drohen dauerhaft zu reißen. So eine Situation kann eine Volkswirtschaft nicht beliebig lange durchhalten. Wir haben erlebt, wie schnell es gegangen ist, eine laufende Wirtschaft nahezu zum Erliegen zu bringen. Die Politik hat den Wirtschaftsmotor ausgeschaltet, jetzt muss sie zeigen, dass sie auch weiß, wie man die Maschine wieder in Gang bringt. Es braucht nun ein einheitliches Szenario für Deutschland, wie und vor allem wann die Wirtschaft wieder ins Laufen gebracht werden soll. Unternehmen, Handwerker, alle die dafür sorgen, dass Wirtschaft funktioniert, benötigen dringend eine Perspektive, um liquiditätsmäßig und geschäftspolitisch planen zu können. Nötig sind zwischen Ländern und Bund verzahnte Task-Force-Einheiten, die sich strukturiert und abgestimmt mit den relevanten Fragestellungen beschäftigten, um bundeseinheitliche Lösungen zu erarbeiten. Es wird ein Leben nach der Krise geben. Das künftig zu organisieren, damit sollte man jetzt beginnen. Auch das gehört zum Krisenmanagement.