Krumbach Scheinbar schwerelos hängen drei unterschiedlich große zylindrische Betonröhren an verzinkten Eisendrahtschlaufen in einem Stahlrohrgestell. Auch der Titel der fantasievollen Konstruktion lässt vermuten, dass Winfried Becker über einen unerschöpflichen Ideenreichtum verfügt. Seine „Winterernte 46“ wurde mit dem vom Landkreis Günzburg gestifteten Mittelschwäbischen Kunstpreis 2023, dotiert mit 3000 Euro, prämiert. Den vom Kulturverein Kult, der Stadt Krumbach und der Raiffeisenbank Schwaben Mitte gestifteten Krumbacher Kunstpreis sowie 1500 Euro durfte John Schmitz entgegennehmen. Auch seine mit Feder und Tusche auf Büttenpapier geschaffene „Ode to …“ hat der Jury sehr imponiert.
Für die Kult-Kunst-Ausstellung 2023, die der Krumbacher Kulturverein Kult in Zusammenarbeit mit dem Mittelschwäbischen Heimatmuseum bereits seit 2001 regelmäßig organisiert, bestehe keine regionale Einschränkung, informierte Museumsleiterin Anita Roth. Heuer hätten sich 142 Kunstschaffende mit insgesamt 250 Arbeiten beworben. Für die Ausstellung wurden 57 Exponate von 45 Künstlerinnen und Künstlern ausgewählt.
Kult-Vorsitzender Marc Hettich bedankte sich beim Heimatmuseum für die Bereitstellung der Räumlichkeiten sowie bei den teilweise von weit angereisten Teilnehmern. Für zweiten Bürgermeister Gerhard Weiß ist Kunst ein „Gemeinschaftserlebnis, bei dem man spannende Werke entdecken kann.“ Auch die stellvertretende Landrätin Ruth Abmayr zeigte sich begeistert von der Vielfalt der in mehreren Räumen präsentierten eindrucksvollen Exponate.
Als erfahrener Kunstschaffender und -kenner brachte Wolfgang Mennel bei der von zarten Gitarrenklängen begleiteten Ausstellungseröffnung die beiden Preisträger und ihre Werke näher. Laut Ansicht der fünfköpfigen Jury überzeuge das Exponat von Winfried Becker mit unterschiedlich definierten Durchblicken, der Balance aus Stabilität und Zerbrechlichkeit sowie dem Dialog von klarer Aussage und transparenter Deutungsoffenheit. Die Vorstellung von organischen Schäften oder von Teilen eines sich verjüngenden, riesigen Pflanzenstiels unterstreichen den Titel „Winterernte 46“. In seinem raumgreifenden Werk mache der in Kempten lebende Künstler, der nach seinem Studium als freischaffender Architekt und Bildhauer arbeitet, einfache Materialien in ihrer Handwerklichkeit samt den Spuren ihrer Verschalung sichtbar.
Beim ersten Blick scheint es, als ob der in München beheimatete gelernte Ofenbauer und Künstler John Schmitz mit „Ode to ...“ ein textiles Gewebe mit Maßen von 150 auf 113 Zentimetern geschaffen hat. Beim Näherkommen erkennt man ein mit horizontalen Tusche-Linien bemaltes großes Büttenpapier. Die unzähligen Ketten aus ovalen, ineinander verhakten Gliedern beginnen am linken Blattrand mit frischer Tusche tiefschwarz, variieren und verschmelzen im Laufe des Zeichenprozesses. Laut Ansicht der Jury überzeugt das Werk durch seine ästhetische wie kontemplative Dimension, die handwerkliche Qualität der Ausführung und eine sorgfältige Präsentation und lädt zu einem sinnlichen Erlebnis ein.
Für einen Besuch der noch bis zum 30. Juli präsentierten Kunstausstellung muss man schon etwas Zeit mitbringen. Aber der Rundgang lohnt sich. Eine breite Vielfalt von Bildern und Fotoarbeiten in den unterschiedlichsten Techniken und Größen, Collagen und Radierungen, aber auch Plastiken, Holzskulpturen und Schnitzereien, filigrane Drahtgewebe und viele weitere fantasievolle Exponate geben Einblick in die Entwicklung, Bewegung und Erneuerung künstlerischen Schaffens.