Es war ein noch sommerlicher Abend, an dem die bekannte Fernsehmoderatorin Nina Ruge den Zuhörern „den unbesiegbaren Sommer in uns“ in der Krumbacher Raiffeisenbank nahebrachte. Strahlend eröffnete sie mit der Lesung aus ihrem Buch den Krumbacher Literaturherbst, der in diesem Jahr zum zehnten Mal stattfindet. Gleich zu Beginn gibt sie zu, dass der Buchtitel „geklaut“ ist, und zwar von einem Zitat des französischen Romanciers Albert Camus. Sein „Mitten im Winter erkannte ich, dass in mir ein unbesiegbarer Sommer wohnt“ wurde für sie zum magischen Satz. Er begleitet ihr facettenreiches Leben, in dem die 59-Jährige sich immer wieder neu „erfunden“ hat. Und wurde schließlich in abgewandelter Form zum Buchtitel ihres schon länger erschienenen Werks, das sie als „die Essenz meiner lebenslangen Suche“ und somit ihr wichtigstes Buch bezeichnet. Die rund 180 Zuhörer lässt sie mit angenehmer Vorlesestimme eintauchen in das erste Kapitel („Wo die Angst ist, geht es lang“), in dem sie kurz ihre Biografie erklärt und wie sie ihr Leben lang immer auf der Suche nach etwas Tieferem war. Sie erzählt vom Pastor, der bei einer Konfirmation den Weg in „die innere Wärme“ anmahnte, was sie tief berührte, vom „schuppigen Tier in der Familie, das sich von Lebensfreude zu nähren schien“ dem anspruchsvollen Studium auf dem Weg zur Studienrätin und einer Welt, die wie von einem Grauschleier überzogen war. Halt und Orientierung müssen aus einem selber kommen, nicht von Eltern, nicht von außen, zu der Erkenntnis gelangte sie nach immer wieder begonnener Suche in den verschiedenen Abschnitten ihres Lebens. Heute, nach langem Suchen hat sie Licht und Liebe gefunden, den Grauschleier beiseitegeschoben. Gefunden hat sie Licht und Liebe in sich selber, denn „mitten im Winter erkannte ich, dass in mir ein unbesiegbarer Sommer wohnt“. So schließt das erste Kapitel und Nina Ruge erzählt nun, wie sie als gerne leistungsorientierter westlicher Mensch sich immer wieder Zugang verschafft zu diesem Sommer in ihr. Ihr Buch ist im weitesten Sinne Lebensberatung, wie man selber im Trott oder auch Stress des Alltags auch solche Zugänge zu tieferem Empfinden zu seinem Sein, zu seiner Seele finden kann. Und sie gibt die Zuversicht mit, dass alles schon da ist in jedem Menschen, nur freigeschaufelt will es werden. Sie merkt auch an, dass Menschen in der westlichen Welt überhaupt nicht darin geübt sind, den durch Worte und Verstand nicht erreichbaren Raum in uns zu betreten. Dafür muss man „üben, üben, üben“ und dabei will ihr Buch Hilfe leisten. Ruge bedient sich dabei aller Lebensberatern aus dem Buddhismus bis hin zur Bibel, mit denen sie eingehend befasst hat. Worte, die zu Mantras werden können, wie ihr bekanntes „Alles wird gut“ am Ende früherer TV-Sendungen. Sie verrät ihre eigenen kleinen Tipps und Tricks, sich zu erden oder die „Gedankenmoskitos“, wie sie es nennt, zu verscheuchen, die einen oft hindern, ganz bewusst im Hier und Jetzt zu sein. Die Ex-Studienrätin will dabei nicht schulmeistern. Sie sagt: „Jeder hat das Recht auf sein eigenes Denk- und Wertesystem“ und jeder müsse seinen eigenen Instrumentenkasten finden beim Weg in sein Inneres. Und sie gibt auch offen zu, dass alles, was sie im Buch beschreibt, nicht neu sei, dass das alles schon gesagt und geschrieben worden sei. Sie nennt stets die Quellen. Das hat sie in ihrer früheren journalistischen Arbeit schließlich auch gelernt. Ohne jegliche Star-Allüren teilt sie ihre Erkenntnisse mit dem Zuhörer, mit dem Leser. Und das ist richtig nett von ihr. Denn: Weil alles schon geschrieben wurde, ist das Buch nicht unbedingt ein notwendiges. Wer aber mal nur so reinlinst, wer sich nicht tief mit Weltreligionen, Literatur oder Selbstcoaching befasst, für den hat Nina Ruge vorgearbeitet, vieles zusammengefasst, was sich leicht in die Praxis umsetzen lässt, damit man das Leben in sich spüren kann – und den Sommer, der in uns wohnt.
Zeitung: MN
Autor: ANNEGRET DÖRING